Feb. 2024. Im jüngst erschienenen Edelman Trust Barometer zum Vertrauen der Gesellschaft in Innovationen gibt es zwei Gewinnerinnen: Die Wissenschaft und die Wirtschaft. Dabei vertrauen 75 Prozent der Befragten den eigenen Arbeitgebern, wenn es um Innovationen geht, familiengeführte Unternehmen liegen gar an der Spitze. Verliererinnen sind die Regierungen. Über 32.000 Menschen aus 28 Ländern nahmen an der Umfrage teil. Unter dem Titel «Innovation in Peril» (Innovation in Gefahr) wird in der Erhebung die Frage gestellt, was die Gesellschaft dazu bringt, Innovationen zu akzeptieren oder abzulehnen.
Eine Mehrheit der Befragten erwartet von ihren CEO’s, dass sie auch Veränderungen managen, die auf die Gesellschaft zukommen, nicht nur jene, die ihr Business betreffen. Sie wünschen, dass sich Führungskräfte sowohl zu den Fähigkeiten äussern, die in Zukunft benötigt werden, als auch den ethischen Nutzen neuer Technologien und den damit einhergehenden Einfluss auf ihre Jobs erklären. Es wird erwartet, dass CEOs Arbeitsplätze sichern und gleichzeitig Stellung zu aufkommenden ethischen Bedenken in Bezug auf Innovationen beziehen.
Und auch die Wissenschaft ist gefordert: Um das grosse Vertrauen in ihre Expertise auch in Zukunft zu rechtfertigen, müssen sie ihre Forschung und deren Auswirkungen erklären und den Dialog führen. Für die Mehrheit müssen Innovationen sowohl wissenschaftlich als auch ethisch gestützt sein.
«Green Energy» ist inzwischen beispielsweise weitestgehend akzeptiert. Wirtschaft und Wissenschaft hatten Jahrzehnte Zeit, wissenschaftliche und ethische Grundlagen nachhaltiger Energien darzulegen und hier auch gemeinsam mit der Politik Leitlinien zu schaffen. Anders ist dies bei künstlicher Intelligenz, gen-basierter Medizin (z.B. mRNA) und genetisch veränderten Lebensmitteln. Diese neueren Innovationen schulden noch den Nachweis wissenschaftlicher und ethischer Bewertung und ihres Nutzens für die Gesellschaft. Die Befragung zeigt, je grösser das Vertrauen in die Evaluation durch Expertinnen und Experten, je höher die Akzeptanz neuer Technologien.
Neues kann beflügeln, aber auch Ängste schüren. Umso wichtiger werden Regierungen. Die Verantwortlichkeit für ethisches und wissenschaftlich fundiertes Agieren liegt in einer angemessenen Regulierung. Das Trust Barometer zeigt jedoch einen deutlichen Rückgang des Vertrauens in die Politik. So werden Regierungen in Bezug auf Innovationen weit weniger kompetent und ethisch bewertet als Unternehmen und NGOs. Im Fazit bedeutet dies: Über Innovation wird an der Urne abgestimmt. 2024 sind in 64 Ländern Wahlen. 49 Prozent der Weltbevölkerung werden ihre Stimme abgeben und damit über Fort- oder Rückschritt der Gesellschaft entscheiden. Im Moment glaubt die Mehrheit der Befragten nicht, dass ihre Regierungen kompetent genug sind, um die aufkommenden Innovationen hinreichend regulieren zu können. In Europa ist bereits erkennbar, dass eher innovationsfeindliche Parteien auf dem Vormarsch sind.
Dabei würden 60 Prozent aller Befragten technologiebasierten Veränderungen vertrauen, wenn Wirtschaft und Regierungen enger zusammenarbeiten. Innovationen zu managen ist also mindestens so wichtig wie ihre Entwicklung selbst und ein Miteinander von Politik und Wirtschaft eine entscheidende Aufgabe. Je mehr technologische Innovation, je wichtiger wird die Kommunikation. Menschen wollen Kontrolle darüber haben, wie sich Innovationen auf ihr Leben auswirken. Sie wollen verstehen und beherrschen. Bedenken müssen deshalb ernst genommen und Fragen zugelassen werden. Regierung, Wirtschaft und Wissenschaft müssen gemeinsam verständlich und nachvollziehbar kommunizieren und den Menschen Teilhabe ermöglichen. Nur so ist Fortschritt in der Gesellschaft als Ganzes möglich und den brauchen wir dringend. Buchstäblich um des Friedens willen.