Obwohl Forscher feststellen, dass die Welt noch nie so friedlich war wie heute, ist sie derzeit voller Konflikte: Trump gegen den Rest der Welt, jung gegen alt, digital versus analog, Bitcoin oder Bargeld, Greta gegen Oma und den «alten weissen Mann». Und dann das: «How dare you» (Greta), «Oma ist ne Umweltsau» (WDR), «Ich bin der Auserwählte» (Trump), die Rhetorik des 21. Jahrhunderts ist nicht mehr diplomatisch, sondern teils sehr eigensinnig.
Eskalationsstufe „Lose-Lose“
Viele dieser Konflikte sind nicht neu, aber mit der «Generation Alarm» brechen sie wieder auf. Zustände werden schlichtweg nicht mehr hingenommen, Konflikte eskalieren. Der Konfliktforscher Friedrich Glasl zeigt in seinem Stufenmodell der Eskalation drei Konfliktebenen auf: Win-Win, Win-Lose und Lose-Lose. Im Moment sieht es so aus, als wären «moralisch-ethische Skrupel» (Glasl) nicht mehr vorhanden und steuert die Zivilisation auf Ebene 3 (Lose-Lose) direkt zu: «Begrenzte Vernichtungsschläge», «Zersplitterung» und als Höhepunkt «gemeinsam in den Abgrund». Eine vortreffliche Eskalationsbeschreibung von Glasl. So traurig, so wahr.
Man stelle sich vor: Trump und Thunberg in der Vermittlung
Dabei gibt es Möglichkeiten, auch in diesem Stadium noch, zu deeskalieren. Aufeinander zugehen, sachlich die besten Argumente austauschen, miteinander reden und um gemeinsame Lösungen ringen. Wie heisst es so schön: So lange noch geredet wird, wird nicht geschossen. Kommunikation bleibt die wichtigste Ressource in Konflikten.
Eine Möglichkeit der Konfliktbewältigung ist die Mediation. Man stelle sich vor: Trump und Greta in einem Vermittlungsgespräch; Oma und Enkelkind; Vertreter der Digitalisierung und Menschen, denen selbige Angst macht; Banken und Hacker. Es würde sich vermutlich bald herausstellen, dass vermeintliche Gegner häufig sehr ähnliche Interessenslagen haben oder mindestens für die jeweils andere Seite Verständnis aufbringen können. Bleibt die Frage, ob das von allen Konfliktparteien überhaupt gewollt ist. Solange das nicht der Fall ist, fetzen sie sich weiter auf Podien und in Talkshows.
Friedensinstrument auch für die Wirtschaft?
Anders ist dies in der Wirtschaft. Unternehmen können sich Konflikte dieser Art auf Dauer gar nicht leisten. Bevor sie aufeinander «schiessen» oder ihre Anwälte bei Konflikten ins Rennen schicken, greifen sie inzwischen auch auf die Mediation als «Friedensinstrument» zurück. Sei dies bei innerbetrieblichen Konflikten, bei Konflikten zwischen Geschäftspartnern oder zwischen Inhabern: In einer Mediation kommen die Themen konkret auf den Tisch. Zudem erhalten beide Konfliktparteien ausreichend Raum, die hinter den Konflikten stehenden Interessen und Bedürfnisse zu klären und schlussendlich gemeinsam Lösungen für den Konflikt zu finden. Langwierige auch bisweilen teure juristische Auseinandersetzungen können so vermieden und Konflikte schneller und auch günstiger gelöst werden. Es gibt inzwischen auch Verträge mit Klauseln, die bei Konflikten zunächst auf die Mediation verweisen.
Wichtige Interessensarbeit
Noch ist die Wirtschaftsmediation eine verhältnismässig junge Disziplin. Aber sie gewinnt zunehmend an Bedeutung. Denn eine Verhandlung und ein richterlicher Spruch bedeuten nicht zwingend das Ende eines Konfliktes. Fakt ist, dass den meisten Konflikten sehr persönliche Interessen und Bedürfnisse der betroffenen Parteien zugrunde liegen und kein Richter diesen ausreichend Rechnung tragen kann. In einer Mediation erhalten diese Interessen Raum. Häufig ergeben sich daraus überraschende und vor allem klärende Momente für beide Parteien. Allein schon durch das grössere gegenseitige Verständnis können sich Konflikte rascher und vor allem nachhaltig lösen lassen.
Unternehmen liegen also vollkommen richtig, wenn sie bei Arbeits- oder Geschäftskonflikten zunächst eine Mediation in Erwägung ziehen. Die positiven Nebeneffekte sind neben gelösten Konflikten auch ein besseres Arbeitsklima und eine effizientere Zusammenarbeit.